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Was wird aus dem Spritzenplatz?

Gisela Alberti wohnt am Spritzenplatz. Sie will den geplanten Neubau direkt gegenüber ihrer Wohnung nicht einfach hinnehmen und engagiert sich in der Initiative „Spritzenplatz bleibt“. Gemeinsam mit ihren Mitstreitern hat sie Unterschriften gegen das Bauvorhaben gesammelt — und ein Lied geschrieben.

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Gegen die Gentrifizierung

Seit dem Jahr 1976 ist die Soziale Erhaltungsverordnung Teil des §172 Baugesetzbuch. Die Verordnung schützt nicht den einzelnen Mieter. Sie soll dafür sorgen, dass Sanierungen in einem Viertel nicht zur Verdrängung großer Teile der Bewohner führen und Bevölkerungsstrukturen erhalten bleiben.

Wie wird ein Gebiet für die soziale Erhaltungsverordnung ausgewählt? 

Der Prozess beginnt beim Bezirksamt: Die Zuständigen beobachten die Stadtteile, in denen sie einen hohen „Aufwertungs- und Verdrängungsdruck“ vermuten – so heißt Gentrifizierung im Amtsdeutsch. Meist sind dies Gebiete, die vorher Sanierungsgebiete waren. Durch eine Plausibilitätsprüfung muss das Bezirksamt kritische Entwicklungen beweisen und der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen statistische Daten zu dem jeweiligen Stadtteil liefern.

Aktuell gilt die Verordnung für neun Gebiete in den Bezirken Mitte, Altona und Eimsbüttel. In Ottensen ist die Soziale Erhaltungsverordnung seit März 2016 in Kraft. Statistische Daten aus Ottensen zeigen vor allem auffällige Preissteigerungen für Eigentumswohnungen. Auch das Durchschnittseinkommen der Bewohner ist im Zeitraum von 2004 bis 2010 um 7.000 Euro auf knapp 37.000 Euro jährlich gestiegen. Gleichzeitig wird der Anteil an Sozialwohnungen immer geringer. Immer mehr Sozialwohnungen werden in den nächsten fünf Jahren ihre Mietpreisbindung verlieren. Ottensen gilt außerdem als eine der „kreativen Keimzellen“ in der Stadt.

Preise Eigentumswohnungen
Karte Altona

Ehe eine Soziale Erhaltungsverordnung erlassen wird, prüft die Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen einen entsprechenden Antrag des Bezirksamtes und gibt dazu ein Gutachten in Auftrag. Bestätigt das Gutachten die Getrifizierungstendenzen in einem Gebiet, erlässt die Behörde die Verordnung. Die Grenzen eines Gebiets mit sozialer Erhaltungsverordnung werden oftmals durch die Baustruktur bestimmt. Deshalb stimmen die Gebiete nicht zwangsläufig mit den Stadtteilgrenzen überein. So auch im Fall Ottensen: Gewerbegebiete werden nicht mit einbezogen, ebenso Bereiche, in denen die Mietpreise bereits so hoch sind, dass keine große Veränderung mehr zu erwarten ist. Das ist auch der Grund, weshalb die reichen Gebiete direkt an der Elbe nicht Teil der Sozialen Erhaltungsverordnung für Ottensen sind.

 

Was genau bringt die soziale Erhaltungsverordnung? 

Ist die Soziale Erhaltungsverordnung für ein Gebiet in Kraft getreten, stehen den Bezirksämtern verschiedene Instrumente zur Verfügung: Zum einen müssen sich Eigentümer alle baulichen Maßnahmen genehmigen lassen. Es geht dabei vor allem um Umbauten und Abrisse, die zur Aufwertung der Immobilien und damit zu einer Milieuveränderung führen könnten. Auch die Umwandlung von Miet- zu Eigentumswohnungen muss genehmigt werden. Außerdem kann die Stadt Hamburg von einem Vorkaufsrecht Gebrauch machen. Im Bezirk Altona ist dies tatsächlich bis heute noch nie vorgekommen.

Umwandlung

Bauanträge

 

Ist die soziale Erhaltungsverordnung wirkungsvoll?

Christiane Hollander von ‚Mieter helfen Mieter‘ wünscht sich, dass die Stadt die Soziale Erhaltungsverordnung konsequenter nutzen und zum Beispiel häufiger von ihrem Vorverkaufsrecht Gebrauch machen würde. Ein Vorbild hierfür wäre zum Beispiel München, wo die Stadt die Immobilien oftmals an Genossenschaften weiterverkauft. „Die Verordnung funktioniert nicht hundertprozentig und kann auch nicht die Welt retten. Aber mit ihr ist es sehr wohl möglich, ein Milieu zu schützen.“

Dicke Luft über der Stadt

Ärzte, Bürgerinitiativen und Umweltverbände warnen: Die Konzentration gefährlicher Stickoxide (NOx) überschreitet in Hamburg regelmäßig EU-Grenzwerte. Daniel Moser, Verkehrsexperte von Greenpeace, wirft der Stadt Handlungsunfähigkeit vor. „Seit Jahren wird hier EU-Gesetz gebrochen und nichts passiert.“ Dabei gehe es um die Gesundheit der Einwohner. Moser organisiert regelmäßig Demonstrationen gegen die Luftverschmutzung in Hamburg. „Atemlos durch die Stadt“ und „Diesel macht krank, Herr Scholz“ steht dann auf seinen Plakaten.

Das Hamburger Landesinstitut für Umweltuntersuchungen misst im Auftrag der Stadt regelmäßig die Luftqualität an 16 verschiedenen Standorten. An der Max-Brauer-Allee in Altona, der Habichtstraße in Barmbek-Nord und an der Kieler Straße, die vom nördlichen Stadtteil Stellingen in die Innenstadt führt, wird der EU-Grenzwert von 40 Mikrogramm Stickoxid pro Kubikmeter Luft jährlich um mindestens das Anderthalbfache überschritten. Und das seit Jahren. Aufatmen können die Hamburger dort, wo weniger Verkehr ist. An den Messstationen im nordöstlichen Bramfeld oder in Finkenwerder ist die Verschmutzung moderat.

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Je dreckiger die Luft, desto größer ist das Risiko für Asthma, Herz-Kreislauf-Probleme und Schlaganfälle, sagen Umweltmediziner. Das sieht auch Weltgesundheitsorganisation WHO so und fordert ein Limit von 20 Mikrogramm Stickoxid pro Kubikmeter Luft.

Nicht nur für Menschen sind Stickoxide gefährlich, auch für die Umwelt. Laut Umweltbundesamt sind 30 Mikrogramm Stickoxid pro Kubikmeter Luft kritisch für viele Pflanzen.

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Eine flächendeckende Verbesserung der Luftqualität ist in Hamburg bisher nicht in Sicht. Dabei sollte der 2012 vom Senat verabschiedete Luftreinhalteplan Abhilfe schaffen. Der öffentliche Personennahverkehr soll ausgebaut, der Umstieg auf Elektroautos erleichtert werden. Auch der Schiffsverkehr, in Hamburg Mitverursacher von Stickoxiden, soll umweltfreundlicher werden.

Das klingt vernünftig, aber messbare Verbesserungen gibt es bisher nicht. Und an den Hauptverursacher der Luftverschmutzung traut sich die Politik nicht so recht heran: an Autos und Lastwagen. „Bei Verbrennungsprozessen in Motoren entstehen Stickoxide, besonders viele bei Dieselmotoren. Wir brauchen daher eine Umweltzone und Fahrverbote in der Hamburger Innenstadt“, fordert Moser von Greenpeace.

Ein Fahrverbot würde den Schwerlastverkehr aus dem Hafen und die hunderttausend Pendler betreffen, die täglich zum Arbeiten in die Stadt fahren. Aus dem Rathaus gibt es daher auch einen Korb für dieses Vorhaben. Ein Fahrverbot gefährde die Hamburger Wirtschaft, heißt es.

Hinter der Daten-Geschichte: Hamburg hat ein Luftproblem. Um das zu belegen, haben wir die Daten der 16 Hamburger Luftmessstationen ausgewertet. Wir haben CSV-Datensätze, die auf archive.luftdaten.info von der Stadt veröffentlicht werden, mit Sublime und Excel lesbar gemacht. Als Indikator für schlechte Luft haben wir die Konzentration giftiger Stickoxide (NOx) herangezogen. Mit Carto haben wir die Messstationen und ihre Ergebnisse auf eine Karte gepackt, von der sich jetzt die Brennpunkte mit bloßem Auge ablesen lassen.

 

Im Kampf gegen NOx

Feinstaub verdreckt die Luft in Hamburg. An den 16 städtischen Luftmessstationen werden regelmäßig bedenkliche Werte gemessen. Patrick Jäger hat was dagegen.

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Nichts für kleine Geldbeutel: tausende Sozialwohnungen fehlen

In Hamburg sollen jährlich 10.000 neue Wohnungen gebaut werden, 3.000 davon sollen öffentlich gefördert werden. Das hat der rot-grüne Senat im Sommer 2016 beschlossen. So versucht die Stadt, ihre Lücke im sozialen Wohnungsbau zu schließen.

Und diese Lücke ist groß: Gab es im Jahr 2008 noch 105.270 Sozialwohnungen mit einem gebundenen Mietpreis oder einer Belegungsbindung, sank die Zahl dieser Wohnungen auf 81.632 im Jahr 2016.

Beim Bau von Wohnungen, die das Land Hamburg über die Investitions- und Förderbank bezuschusst, wird festgelegt, wie lange der Vermieter eine vereinbarte Miete garantieren muss – meistens für 15 Jahre. Verträge über 30 oder 50 Jahre wurden in der Vergangenheit auch geschlossen. Dafür bekommen Vermieter oft zinsgünstige Darlehen oder überhaupt den Zuschlag für ein Grundstück.

Für die Wohnungen aus der Boom-Phase des sozialen Wohnungsbaus (1970er- bis 1990er-Jahre) sind die Mietpreis- oder Belegungsbindungen in den letzten Jahren abgelaufen. Betroffen sind davon ganze Stadtviertel, die damals entstanden sind. Weil kommunale Wohnungsbauunternehmen wenig nachgebaut haben, ist die Anzahl der Sozialwohnungen langfristig gesunken.

Nur jeder fünfte Hamburger, der im Jahr 2016 eine Berechtigung für eine Sozialwohnung bekommen hat, konnte auch in eine solche Wohnung einziehen („Das Wohnungs-Los“). Bis 2021 fallen noch einmal 30.000 Wohnungen aus der Mietpreisbindung. Die Karte zeigt die besonders betroffenen Stadtteile.

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„Im Jahr 2003 hat man gemerkt, dass Hamburg wächst, aber Investitionen in den sozialen Wohnungsbau fehlen“, sagt Dirk Kienscherf, stadtplanungspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion in der Bürgerschaft. Der Grund: Es mussten viele bestehende Gebäude saniert werden. Jetzt werde Hamburg gegensteuern. Von den rund 3.000 Sozialwohnungen jährlich sollen zwei Drittel von Genossenschaften und vom landeseigenen Wohnungsbauunternehmen SAGA GWG erbaut werden.

„Man kann gar nicht so viele Wohnungen bauen, wie aus der Bindung fallen“, kritisiert Kurt Duwe, bis 2015 stadtentwicklungspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft. Ein Problem sei, geeignete Baugrundstücke zu finden. „Und durch hohe Auflagen ist Bauen sehr teuer geworden.“

Und Duwe sieht noch ein anderes Problem: Der neue Bauboom käme nicht allen Hamburgern zugute. Investoren würden Sozialwohnungen mit dem Verkauf von Eigentumswohnungen im gleichen Haus quer finanzieren. „Der Polizist oder die Krankenschwester haben nichts davon.“

Das sieht auch die CDU in Hamburg kritisch. Birgit Stöver, Fachsprecherin für Stadtentwicklung, fordert daher ein Förderprogramm für Gering- und Mittelverdiener. „Nur so können wir die Abwanderung von Mittelschichtsfamilien ins Umland verringern.“ 

 

Das Wohnungs-Los

Egal, ob Studierende, Sozialhilfeempfänger oder Geringverdiener: Viele Hamburger sind auf der Suche nach bezahlbarem Wohnraum. Dabei soll ein Wohnberechtigungsschein helfen. 2016 erhielten mehr als 12.500 Wohnungssuchende diesen so genannten „§5-Schein“. Wer eine bundesweit festgelegte Einkommensgrenze nicht überschreitet, dokumentiert damit seinen Anspruch auf eine Sozialwohnung.

Anspruch hat zum Beispiel, wer allein lebt und weniger als 12.000 Euro im Jahr zur Verfügung hat. Dann sind vom Jahresbruttoeinkommen bereits eine Werbungskostenpauschale, Kinderbetreuungskosten, Einkommensteuern, Kranken- und Pflegeversicherung oder Rentenversicherung abgezogen. Die Einkommensgrenze für einen Zweipersonenhaushalt liegt nach allen Abzügen bei 18.000 Euro jährlich. Pro Kind steigt die Schwelle um weitere 4.000 Euro.

Mit einem Wohnberechtigungsschein steht einer alleinstehenden Person eine 50 Quadratmeter große Wohnung in Hamburg zu. Eine vierköpfige Familie hat Anspruch auf eine Vierzimmerwohnung. So ist es zumindest im Wohnbindungsgesetz festgelegt.

§5-Schein garantiert keine Wohnung

Doch der §5-Schein bedeutet nicht, dass der Bedürftige auch eine bezahlbare Bleibe in Hamburg findet. Die Suche scheitert am Angebot. In allen sieben Stadtbezirken fehlen Sozialwohnungen. Drei von vier Hamburgern, denen 2016 ein Anspruch auf eine Sozialwohnung zugesprochen wurde, fanden keine.

 

Im Vergleich fällt auf, dass in Eimsbüttel besonders viele neue Berechtigte mit §5-Schein nicht mit günstigem Wohnraum versorgt werden konnten. Nur 182 von fast 1.500 Berechtigten konnten tatsächlich mieten. Der flächenmäßig kleinste Bezirk Hamburgs ist gleichzeitig auch der dichtest besiedelte. Außerdem fällt die Fluktuationsrate der Mieter im Sozialwohnungsbestand eher gering aus, wie das Bezirksamt mitteilte. Wenn in Eimsbüttel gebaut wird, dann auf Grund des Platzmangels in kleiner Dimension. Neue Projekte haben meistens weniger als 10 Wohnungen. Der Anteil öffentlich geförderter Neubauten ist demnach relativ gering.

Seit 2008 geht die Zahl derer, die neu Anspruch auf eine Sozialwohnung geltend machen konnten, zwar leicht zurück. Aber die Versorgungsquote der neu Berechtigten ist gleichbleibend schlecht. Die Wohnberechtigten, die keine Sozialwohnung finden, müssen auf dem freien Markt auf Wohnungssuche gehen. Dabei konkurrieren sie mit denjenigen, die bereits in den Vorjahren keine Sozialwohnung finden konnten.

1.200 Euro mehr Kaltmiete pro Jahr

Wer trotz Berechtigungsschein keine Sozialwohnung findet, für den wird es teuer. Beispielsweise zahlte ein Studierender 2015 in einer Wohnung der kommunalen Wohnungsbaugesellschaft SAGA 5,62 Euro Kaltmiete pro Quadratmeter. Eine 50 Quadratmeter große Wohnung kostet 281 Euro kalt. Eine Wohnung in gleicher Größe und normaler Lage, die nicht öffentlich finanziert wird, kostet monatlich 100 Euro mehr. So kommen im Jahr 1.200 Euro mehr Mietkosten plus Nebenkosten wie Heizung, Wasser und Strom hinzu.

Das kann sich nicht jeder leisten. „Viele leben, statt in einer geförderten Wohnung, ganz prekär in viel zu kleinen Wohnungen“, sagt Wilfried Lehmpfuhl, Rechtsberater beim Mieterverein zu Hamburg. Er betreut Familien, deren Wohnungen aus allen Nähten platzen und Menschen, die aus ihren heruntergekommenen Bleiben ausziehen wollen. „Der Wohnberechtigungsschein ist wie ein Los. Wenn du keins hast, kannst du nichts gewinnen. Hast du eins, hast du wenigstens eine Chance,“ sagt Lempfuhl.

Ein Wohnberechtigungsschein ist zwei Jahre lang bundesweit gültig. Läuft er ab, muss er neu beantragt werden. Einmal in eine Sozialwohnung eingezogen, werden Bewohner aber nicht wieder kontrolliert, ob sie die geringe Einkommensgrenze im Laufe der Jahre überschreiten und ihren Anspruch auf subventionierten Wohnraum damit längst verloren haben.