template tag.php | Displays the content of a tag

Nichts für kleine Geldbeutel: tausende Sozialwohnungen fehlen

In Hamburg sollen jährlich 10.000 neue Wohnungen gebaut werden, 3.000 davon sollen öffentlich gefördert werden. Das hat der rot-grüne Senat im Sommer 2016 beschlossen. So versucht die Stadt, ihre Lücke im sozialen Wohnungsbau zu schließen.

Und diese Lücke ist groß: Gab es im Jahr 2008 noch 105.270 Sozialwohnungen mit einem gebundenen Mietpreis oder einer Belegungsbindung, sank die Zahl dieser Wohnungen auf 81.632 im Jahr 2016.

Beim Bau von Wohnungen, die das Land Hamburg über die Investitions- und Förderbank bezuschusst, wird festgelegt, wie lange der Vermieter eine vereinbarte Miete garantieren muss – meistens für 15 Jahre. Verträge über 30 oder 50 Jahre wurden in der Vergangenheit auch geschlossen. Dafür bekommen Vermieter oft zinsgünstige Darlehen oder überhaupt den Zuschlag für ein Grundstück.

Für die Wohnungen aus der Boom-Phase des sozialen Wohnungsbaus (1970er- bis 1990er-Jahre) sind die Mietpreis- oder Belegungsbindungen in den letzten Jahren abgelaufen. Betroffen sind davon ganze Stadtviertel, die damals entstanden sind. Weil kommunale Wohnungsbauunternehmen wenig nachgebaut haben, ist die Anzahl der Sozialwohnungen langfristig gesunken.

Nur jeder fünfte Hamburger, der im Jahr 2016 eine Berechtigung für eine Sozialwohnung bekommen hat, konnte auch in eine solche Wohnung einziehen („Das Wohnungs-Los“). Bis 2021 fallen noch einmal 30.000 Wohnungen aus der Mietpreisbindung. Die Karte zeigt die besonders betroffenen Stadtteile.

Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von sebastianbeug.carto.com zu laden.

Inhalt laden

„Im Jahr 2003 hat man gemerkt, dass Hamburg wächst, aber Investitionen in den sozialen Wohnungsbau fehlen“, sagt Dirk Kienscherf, stadtplanungspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion in der Bürgerschaft. Der Grund: Es mussten viele bestehende Gebäude saniert werden. Jetzt werde Hamburg gegensteuern. Von den rund 3.000 Sozialwohnungen jährlich sollen zwei Drittel von Genossenschaften und vom landeseigenen Wohnungsbauunternehmen SAGA GWG erbaut werden.

„Man kann gar nicht so viele Wohnungen bauen, wie aus der Bindung fallen“, kritisiert Kurt Duwe, bis 2015 stadtentwicklungspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft. Ein Problem sei, geeignete Baugrundstücke zu finden. „Und durch hohe Auflagen ist Bauen sehr teuer geworden.“

Und Duwe sieht noch ein anderes Problem: Der neue Bauboom käme nicht allen Hamburgern zugute. Investoren würden Sozialwohnungen mit dem Verkauf von Eigentumswohnungen im gleichen Haus quer finanzieren. „Der Polizist oder die Krankenschwester haben nichts davon.“

Das sieht auch die CDU in Hamburg kritisch. Birgit Stöver, Fachsprecherin für Stadtentwicklung, fordert daher ein Förderprogramm für Gering- und Mittelverdiener. „Nur so können wir die Abwanderung von Mittelschichtsfamilien ins Umland verringern.“ 

 

So teuer wohnt Hamburg

Die Immobilienbranche in Hamburg hat viel Grund zum Feiern: Die Leerstandsquote beträgt nur 0,7 Prozent, und immer mehr Menschen zieht es an die Elbe. Ausreichend Wohnungen gebe es trotzdem, auch im bezahlbaren Bereich. Das behauptet zumindest eine Studie vom Center of Real Estate Studies im März 2017.

Im Auftrag der Wohnungswirtschaft hatte das Institut 238.000 Mietverträge aus Hamburg analysiert. Das Ergebnis: Wer hier auf Wohnungssuche ist, muss durchschnittlich mit 8,15 Euro Kaltmiete pro Quadratmeter rechnen. Damit liege Hamburg bundesweit im Mittelfeld.

Seit fünf Jahren steigen die Mieten kontinuierlich an – auch in normalen Lagen

Blickt man in die Mietspiegel von 2009 bis 2015, zeigt sich aber, dass die Kosten fürs Wohnen durchschnittlich um 20 Prozent gestiegen sind. Die meisten Wohnungen kosten jetzt pro Quadratmeter zwei Euro mehr Kaltmiete.

Der Druck auf dem Wohnungsmarkt ist dabei so groß, dass die Preise für eine Wohnung in der so genannten „normalen Lage“ häufig genauso hoch sind wie für eine Wohnung in „guter Lage“. In einer normalen Lage zu wohnen  bedeutet meist Nachteile bei der Wohnlage. Hier gibt es zum Beispiel weniger Grünflächen, eine dichtere Bebauung, schlechtere Verkehrsanbindung und mehr Lärm. Wer in einer guten Lage wohnt, teilt sich das Haus mit weniger Mietparteien, findet Grünflächen in der Umgebung vor und muss weniger Straßenlärm ertragen.

Besonders Altbauten sind beliebt – und teuer

Besonders verteuert hat sich das Wohnen im kleinen Altbau: Wer 2016 in eine Altbauwohnung eingezogen ist, musste etwa 45 Prozent mehr Miete zahlen als noch 2009, egal in welcher Wohnlage. Eine 25-Quadratmeter-Wohnung, Baujahr 1918, in normaler Lage, kostete im vergangenen Jahr 276 Euro Kaltmiete monatlich, eine in guter Lage 292 Euro.

Zweizimmerwohnungen kosten inzwischen in normaler Lage sogar mehr als in guter Lage. Zwar dürfen angesichts der Mietpreisbremse neue Mietverträge nicht mehr als zehn Prozent teurer sein als die Vergleichsmiete. Für eine Neubauwohnung oder eine modernisierte Wohnung kann der Vermieter dagegen verlangen, was der Markt hergibt. Weil viele Mieter um den Wert ihrer Wohnung wissen, ziehen sie nicht mehr um.  Siegmund Chychla vom Mieterverein zu Hamburg: „Eine Wohnung in guter Lage ist wie ein Goldstück. Das gibt man natürlich nicht aus der Hand.“

 

Hinter der Geschichte: 

Grafik: @Bschwentker

Die Bevölkerungszahlen zu recherchieren, war ziemlich vertrackt: Hat Hamburg seit 2009 nur 4,9 Prozent oder 9,8 Prozent Einwohner hinzugewonnen? Beim Zensus 2011 wurden Hamburg 80.000 Einwohner abgezogen. Das muss wissen, wer das Bevölkerungswachstum von 2010 bis 2015 korrekt berechnen will. Denn nur so kommt am Ende ein doppelt so großer Einwohnerzuwachs heraus, nämlich 9,8 Prozent. In der Stadt leben also 160.000 mehr Hamburger als noch vor sieben Jahren. An dieser Stelle ein Dankeschön an Zensusexperte Björn Schwentker, der uns auf unseren Rechenfehler aufmerksam gemacht hat – mit einer Grafik.

Sprung über die Elbe: Wie Studierende Veddel verändern sollen

Veddel braucht frischen Wind. Den sollte die Internationale Bauausstellung auf die einst vernachlässigte Elbinsel bringen. Und auch Studenten sollen für ein neues Image sorgen  (mehr …)

Das Dreizimmerdilemma

Im Jahr 2030 werden etwa 1,8 Millionen Menschen in Hamburg leben. Schon heute wohnt mehr als die Hälfte aller Hamburger allein. Den meisten Alleinwohnenden reicht eine Ein- oder Zweizimmerwohnung, gebaut werden aber überwiegend Wohnungen mit drei Zimmern. Die rechnen sich besser für Investoren.

 Einzimmerwohnungen sind Mangelware

Siegmund Chychla ist Vorsitzender des Mietervereins zu Hamburg und kennt das Dilemma. Wer auf einer Fläche eine große statt zwei kleine Wohnungen baue, spare Geld für Küchen und Bäder. Eine Wohnung, ein Bad. Zwei Wohnungen, zwei Bäder. Für die Bauherren bedeuten größere Wohnungen geringere Ausgaben bei höheren Mieten.

2011 hat Hamburg auf den Ausbau beim Neubau gedrängt: Jährlich sollten 6.000 neue Wohnungen entstehen, so das Ziel des Senats. Seither ist die Zahl der Neubauten auch überall angestiegen, aber innerhalb der Hamburger Stadtbezirke gibt es deutliche Unterschiede. Zwischen 2011 und 2015 sind die meisten neuen Wohnungen im Bezirk Altona entstanden.

Wie in Altona, so sind auch in den anderen Bezirken der Stadt überwiegend große Wohnungen gebaut worden. Auch im Bezirk Hamburg-Nord. Dabei wohnen hier nach Angaben des Statistikamts Nord die meisten Menschen allein – 2014 waren es sechs von zehn Einwohnern.

Im Bezirk Harburg, südlich der Elbe, sind seit 2011 auch viele Wohnungen mit zwei Zimmern entstanden. Aber auch hier wurde insbesondere in Dreizimmerwohnungen investiert.

+10.000 neue Wohnungen im Jahr

Hamburg hat das 2011 erklärte Ziel, jährlich 6.000 neue Wohnungen bauen zu lassen, inzwischen auf 10.000 Wohnungen im Jahr erhöht. Der zahlenmäßige Neubau löst das Wohnungsproblem in der Stadt aber nicht. Für die vielen Alleinlebenden in Hamburg werden vor allem mehr Wohnungen auf kleinerem Raum benötigt.

Studentin Alexandra Mirjana ist schon ein halbes Jahr auf der Suche nach einer bezahlbaren Wohnung und hat bei der Suche manches Skurrile erlebt.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Mehr zu Mieten und zur Wohnungsmarktsituation in der Stadt